Inhaltsübersicht
Wo kommt das Eigene mit dem Fremden in Berührung und was geschieht, bei dieser Begegnung? Was ist das eigentlich, das «Andere»? Solche Suchbewegungen machen Bildstrecke und Artikel dieser FAMA, mal vorsichtig tastend, mal keck voranschreitend – und laden ein, auf dem breiten Feld zwischen «eigen» und «fremd» und «anders» selber nach einer Spur zu suchen.
Doris Strahm
Damit es anders wird
Frauen im interreligiösen Dialog
Rebekka Grogg
«Die Andern» anders sehen
Das Europäische Projekt für Interreligiöses Lernen (EPIL)
Ulrike Auga
«Die Anderen» definieren …
Geschlechterordnungen als Grenzziehung
Emel Zeynelabidin
Der Aufstand der Locken
Gedanken zur Enthüllung
Hanna Kandal-Stierstadt
Nicht anders als andere!?
Religionsverbindende Partnerschaft
Eva Pruschy
Interreligiös
Eine Begegnung mit Ruth und Naomi
Li Hangartner
Marys neue Schwestern
Oder: Was birgt die Hülle?
EDITORIAL
Maria in der Plastiktüte. Vakuumverpackt. Wie ein gutes Stück Fleisch im Frischhaltebeutel wartet sie nur noch auf die korrekte Beschriftung: Inhalt, Verfalldatum. Oder Versandware im Souvenirshop, gut geschützt, exportbereit. Eingeschweisst in eine Klar-Sicht-Hülle wird die Heiligenfigur zum Gegenstand der Betrachtung. Die so entstandene Distanz ermöglicht Darüber-Reden, Vergleichen, Austauschen; ermöglicht Benennung, Beschriftung und Umbenennung – ohne dass die Figur selbst davon berührt wird. Wie die Figur bleibt bei solcher Begegnung auch die eigene Identität unbehelligt. Wie viel Distanz zum Eigenen wohl nötig ist, um mit anderen darüber ins Gespräch kommen zu können? Und ab wann ist die zu grosse Distanz der Fruchtbarkeit abkömmlich? Interreligiöse Begegnungen sollen ja nicht Plastiktütengespräche sein, sondern, wenn sie echt sind, ans Lebendige gehen. Maria, eine Frau zwischen den Religionen, wird in der Bildstrecke dieser FAMA zum interreligiösen Experiment. Die vor lauter Stilisierung längst dem Leben entrückte NichtmehrFrau wird dem Spiel der Verfremdung ausgesetzt. Sie wird immer neu umhüllt, neu verwickelt. Sie schlüpft in verschiedene Rollen – und präsentiert meinen mediengeschulten Augen irritierende Bilder voll unliebsamer Assoziationen. Interreligiöse Verschiebungen in meinem Kopf. Und sofort prasseln Fragen: Was wird da unter Stoffhüllen verborgen; mit glänzendem Aluminium ummäntelt? Warum wird das, was ich sehe, so völlig anders, wenn es verpackt ist? Was ist eigen, was ist fremd? Wo und wie kann Kontakt tiefer reichen, als bis zur Oberfläche? … Was bleibt, unter all den Hüllen, ist ein Paar Frauenaugen. Im typisch demütig ergebenen Blick Mariens scheint das Verhüllte durch. Ich suche ihre Augen. Begegnung braucht einen offenen Blick, der sich nicht an den Hüllen verheddert und nicht in sich selbst versunken bleibt. Ich kann gedanklich an Marias Seite in das interreligiöse Verhüllspiel einsteigen oder aber von aussen beobachten, welche Hüllen meine eigene katholische Tradition erhält. In der Ver-Fremdung wird mir Eigenes fremd und das Fremde rückt nah zum Eigenen. Solche Suchbewegungen machen auch die Artikel dieser FAMA, mal vorsichtig tastend, mal keck voranschreitend – und laden Sie ein, auf dem breiten Feld zwischen «eigen » und «fremd» und «anders» selber nach einer Spur zu suchen. PS. Weitere Gedanken zu den Bildern finden Sie im letzten Artikel dieser Nummer und weitere Bilder gibt es zu sehen in einer Ausstellung im RomeroHaus in Luzern: «Marys neue Schwestern».