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Inhaltsübersicht

„Aufgeschoben ist nicht aufgehoben“, diese Vertröstung wirkt schal in Zeiten von Kontaktbeschränkungen, Homeoffice und lokalen Shutdowns. Die Corona-Krise bläst weltweit Pläne und Termine durcheinander, als wären sie bloss Sandkörner. Unser Alltag hat sich verschoben und verschiebt sich noch; Improvisation ist gefordert. Wir sind gezwungen, zu verschieben, in ungeahntem Ausmass und auf unbestimmte Zeit. Viele fragen sich nach den möglichen Auswirkungen. Die FAMA fragt mit, und zwar aus ihrer dezidiert theologischen und feministischen Perspektive – schliesslich gehört das Verschieben von Gewohnheiten oder auch Machtstrukturen schon immer zum feministischen Kerngeschäft.

 

Christine Stark
Fantasien einer Weihnachtsmuffelin

Feline Tecklenburg
Die Veränderung einer grossen Sache
Ein Bericht über die coronabedingte Transformation der Frauensynode

Tania Oldenhage
«Black Scholars Matter»
Afroamerikanische Bibelforschungen verschieben den Blick

Laura Lots
Zentrum meiner inneren Landkarte
«Die frau*m, sie bleibt»

Moni Egger
Von 3D zu 2D und zurück
Erfahrungen aus Erzählen und Eucharistie

Jacqueline Sonego Mettner
Vorhang auf für Hagar

Verena Naegeli
Verschoben ins Netz
Vom Segen virtueller Vernetzung und der Wichtigkeit realer Begegnung

 


Editorial

Geneva Moser

Wir improvisieren. Seit etwas mehr als einem Jahr scheint die Normalität verrückt: Es wird auf morgen verschoben, was nicht unbedingt heute sein muss, wandert ins Netz, was sonst von der leiblichen Begegnung lebt, wird abgesagt, was mit viel Mühe und Tatkraft lange geplant wurde. Nicht aufschieben lassen sich die politische Teilhabe, die Debatte zu gesellschaftlichen Fragen. Auch nicht auf morgen vertagen lässt sich die Rotznase des Nachwuchses und der Einkauf für die betagte Mutter. Care-Arbeit wird vielmehr existenzieller und prekärer in Zeiten der Pandemie. Die Hoffnung, dass durch die Corona-Krise jene wirklich «systemrelevanten» Lebensbereiche in den Fokus der Aufmerksamkeit, Wertschätzung und letztlich des Wirtschaftens rücken, will ich entgegen aller Zweifel nicht aufgeben. Zahlreiche feministische Aktionen und Bewegungen bemühen sich darum, und die Pandemie ist auch begleitet vom Erstarken sozialer Bewegungen wie Black Lives Matter und dem Klimastreik. Und schliesslich ist es quasi feministisches und gerade auch feministisch-theologisches Kerngeschäft, Normalitäten zu verschieben und selbstverständlich Geglaubtes zu hinterfragen: Welche Gottesbilder nehmen wir unhinterfragt an? Wie kann sich in der Pandemie das Gottesdienstverständnis feministisch verschieben? Wer ist am «Theologisieren» in der Krise nicht beteiligt und bleibt draussen? Blickverschiebungen braucht es auch binnen-feministisch. Das Stichwort «Intersektionalität» gibt dazu seit Jahren produktiven und inspirierenden Schub: Wie verschränken sich Klasse und Geschlecht, wenn es um Arbeitsbedingungen in der Pandemie geht? Welche Rassismen prägen auch meinen persönlichen Blick?

Ja, Platzmachen, Vorhänge aufschieben, Hindernisse zur Seite rücken – mit dieser Hoffnung geht diese FAMA. Verschoben bedeutet dann: Ein Sabbatjahr für die Schöpfung, ein Jobeljahr für die Unterdrückten, eine Blickverschiebung der Privilegierten und das Sichtbarwerden der Marginalisierten.

PS: Blick-Verschiebungen sind auch die Bilder in diesem Heft. Das Projekt «World Mapper» visualisiert Daten und zeigt die Weltkarte anders, als wir es gewohnt sind.

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